Weshalb uns Routine im Alltag guttut
Wie wichtig unsere psychische und physische Widerstandsfähigkeit ist, merken wir vor allem in Krisenzeiten. Was helfen kann: Routine im Alltag. Doch wie lässt sie sich beeinflussen?

Foto: Oladimeji Ajegbile
Während wir viel Zeit zu Hause verbringen, unsere Freizeit umgestalten und neue eigenverantwortliche Arbeitsumfelder kreieren, brauchen wir mehr Routine denn je. Sie bietet uns Struktur und Sicherheit, fördert die Effizienz und macht unseren Alltag planbar. Gerade in unsicheren Zeiten, in denen unser regulärer Zeitplan durcheinandergebracht wird und wir uns schnell auf neue Situationen einlassen müssen, gibt sie Halt. Doch Routine ist kein bewusst zurechtgelegter Weg, dem wir folgen. In ihrem Buch «Good Habits, Bad Habits» beschreibt Psychologin Windy Wood, wie wir Gewohnheiten und daraus resultierend Routine entwickeln und warum es uns schwerfällt, sie zu verändern, auch wenn der Kopf sagt: Das muss jetzt so sein! Oder habt ihr euch noch nie gefragt, warum es trotz des ehrlichen Vorsatzes nicht klappt, täglich um sechs Uhr aufzustehen oder das Frühstück nicht ausfallen zu lassen?
In einem Interview mit Michaela Barnett von «Behavioral Scientist» sagt Wood: «In Untersuchungen haben wir herausgefunden, dass etwa 43 Prozent dessen, was Menschen jeden Tag tun, im gleichen Kontext wiederholt wird, gewöhnlich während sie über etwas anderes nachdenken. Sie reagieren automatisch, ohne wirklich Entscheidungen zu treffen. Und genau das ist eine Gewohnheit.» Sprich: Was viele von uns mit einem starken Willen assoziieren, passiert automatisch, wenn wir Verhaltensmuster wiederholen. «Menschen, von denen wir dachten, sie hätten eine hohe Selbstdisziplin und könnten deshalb mehr erreichen, sind vor allem gut darin, sich die richtigen Gewohnheiten anzueignen.»
Um eine neue Routine zu etablieren, können bewusste Entscheidung helfen. Beispiele dafür sind: ein geplanter Umzug, der Wunsch nach einer gesundheitlichen Verbesserung oder nach mehr Me-time. So steht über der neuen Gewohnheit, die sich etablieren soll, ein höheres Ziel. Dabei gilt: Je länger wir einer Routine folgen, desto stärker manifestiert sie sich – im Guten wie im Schlechten.
Doch das Ausnahmejahr 2020 hat bisher nicht nur die Bedeutung einer funktionierenden Routine aufgezeigt, sondern auch die Notwendigkeit von Zeit zu Zeit aus ihr auszubrechen. Ein neues Hobby, endlich eine Stunde mehr Schlaf (Homeoffice hat viele Vorteile!) oder die gesteigerte Bedeutung von Self-care ... Wir haben uns verändert, ohne dass wir es uns aktiv vorgenommen haben. Äussere Einflüsse haben uns zu Entscheidungen gezwungen. So konnten sich neue positive Gewohnheiten entwickeln. Und das ist es, was laut Wendy Wood langfristig dazu beiträgt, dem Leben eine neue Richtung zu geben und es nachhaltig zu verbessern.